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Berlin – Über verschiedene Mechanismen beeinflusst SARS-CoV-2 das Auftreten von Diabetes-mellitus-Neuerkrankungen. Der genaue Zusammenhang ist tatsächlich aktueller Forschung.
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler wollen nun prüfen, ob der diabetogene Effekt von SARS-CoV-2 klinisch plausibel ist, erklärte Francesco Rubino, Chirurg am King’s College London beim Kongress der Deutschen Diabetes Gesellschaft.
Um klinische Zusammenhänge zwischen COVID-19 und Diabetes mellitus genau zu analysieren zu können, haben Forschende bereits 2020 die Registrierungsplattform CoviDIAB ins Leben gerufen. Denn bereits zu Beginn der Pandemie fällt laut Rubino auf, dass ein Diabetes mellitus nach einer Infektion mit SARS-CoV-2 erstdiagnostiziert wurde.
65 Kliniker aus 27 Ländern hätten aktuell knapp 900 Fälle zusammengetragen, berichtete Rubino. Neben erstdiagnostizierten Diabeteserkrankungen enthält das Register auch Fälle von schweren metabolischen Störungen eines bestehenden Diabetes, die im Zusammenhang mit COVID-19 aufgetreten sind.
Beide Kinder und Jugendliche als auch Erwachsene erkrankten nach einer Infektion eher an Diabetes mellitus Typ 1 oder 2 als Personen ohne COVID-19 oder mit anderen respiratorischen Infektionskrankheiten, wie Daten aus einem verschiedenen Studien zeigt (Morbidität und Mortalität Wöchentlicher Bericht, 2022; DOI: 10.15585/mmwr.mm7102e2 , Diabetologie, 2022; DOI: 10.1007/s00125-022-05670-0).
Es bleibt jedoch die Frage offen, was ursächlich dafür sein könnte. So habe die Pandemie selbst mit dem Lockdown und dem damit einhergehenden Übergewicht bereits einen Effekt auf Diabetesneuerkrankungen, erläutert Rubino.
Ein weiterer indirekter Effekt, der nicht auf das Virus selbst abgeleitet sei, sei der medikamenteninduzierte Diabetes durch die Behandlung von COVID-19 mit Dexamethason. Zudem könnte ein bereits bestehender Diabetes im Rahmen eines stationären Aufenthalts gegebenenfalls zwar neu sein, aber nicht neu aufgetreten.
Daher wollen die Forschenden nun zwischen „Newly Diagnosed Diabetes“ und „True New Onset Diabetes“ unterscheiden. Eine Krankengeschichte ohne Hinweise auf einen vorbestehenden Diabetes zum Beispiel mit einem HbA1c von weniger als 6,5 % zu Beginn einer Infektion spräche dann für einen „True New Onset Diabetes“, erläuterte Rubino.
Zudem wurde registriert, ob der Diabetes länger als 3 Monate nach der Akutphase von COVID-19 bestünde. „Wir wollen sicherstellen, dass es sich um einen echten Diabetes handelt und nicht um eine vorübergehende Hyperglykämie“, so Rubino.
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Tatsächlich haben Forschende das Virus bereits im Pankreas nachweisen können, ergänzte Rubino: Sowohl in Analysen post mortem als auch in vitro im Pankreasgewebe gesunder Spender.
Studienergebnisse weisen darauf hin, dass SARS-CoV-2 die Betazellen des Pankreas infiltriert, die Insulinsekretion senkt und einen Untergang der infizierten Zellen auslöst. Wie in anderen Geweben gelangte auch das Virus vermutlich über das Angiotensin-konvertierende Enzym 2 (ACE2) und andere Proteine in das exokrine und das endokrine Pankreas. Dies habe sich unter anderem in einer 2021 im Natur veröffentlichte Studie gezeigt (DOI: 10.1038/s42255-021-00347-1).
Da sich ACE2 in den Organen befände, sei es wahrscheinlich, dass eine SARS-CoV-2-Infektion auch über andere Mechanismen Diabetes auslöse, so Rubino. Infiltrieren das Virus beispielsweise den Magendarmtrakt, könnte auch darüber der Glukosemetabolismus beeinflusst werden (Molekulare Systembiologie2020, DOI: 10.15252/msb.20209610). © mim/ärzteblatt.de
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